Veranstaltung: | 40. Bundesmitgliederversammlung Berlin |
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Tagesordnungspunkt: | 10.3. Inhaltliche Anträge |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 29.11.2019, 22:57 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Dringlichkeits-A1NEU3: Solidaritätsantrag mit der vertriebenen Bevölkerung Rojavas
Antragstext
In Rojava ist es unter äußerst schwierigen Bedingungen gelungen ein
einzigartiges demokratisches System aufzubauen unter dem Feminismus und
progressive Zivilgesellschaft aufblühen konnte. Daher solidarisiert sich
CampusGrün mit der vertriebenen Bevölkerung Rojavas und positioniert sich gegen
die türkische Invasion unter der faschistoiden Politik Erdogans und der
Stationierung aller ausländischen Besatzungstruppen. Ebenso benötigt es aber
auch einer Aufarbeitung der und Gegnerschaft zur Instrumentalisierung Rojavas
und der dortigen Ölförderung durch westliche Eigeninteressen, gestützt durch das
amerikanische Militär.
In lokalen Hochschulgremien und durch Bündnisse arbeiten CampusGrüne auf eine
Auseinandersetzung mit Demokratieprojekten wie dem in Rojava innerhalb der
Forschung und Lehre an Hochschulen hin. Dadurch wollen wir als Sofortmaßnahme
auch auf Mobilitätsprogramme für Wissenschaftler*innen und Studierende aus
Rojava hinarbeiten.
Mit Rojava und dem damit verbundene Versuch des ökofeministischen,
demokratischen Konförderalismus, einer basisdemokratischen gesellschaftlichen
Organisierung aller Menschen (Kurd*innen, Araber*innen, Assyrer*innen und
anderen) ist für uns stets die Hoffnung auf eine solidarische Gesellschaft
abseits der kapitalistischen Moderne verbunden gewesen.
In den letzten Monaten mussten nun tausende Menschen aus dem kurdischen
Autonomiegebiet in Nordsyrien fliehen oder wurden ermordet, Wohnungen und
Krankenhäuser wurden zerstört. Die Kämpfer*innen der SDF (Syrischen
Demokratischen Kräfte) aus Amuda und Al-Darbasija mussten sich zurückziehen.
Putin und Erdogan kündigten nach ihrem scheinheiligen „Friedensabkommen“ an,
dass russisches und syrisches Militär in die Grenzregion vorrücken würde. Diesen
„Frieden“ bezeichnen wir als eine Fassade: Machtpolitisch wurde über die Köpfe
der Kurd*innen hinweg entschieden. Sie werden dadurch verdrängt, ihrer
Lebensgrundlage entrissen und weiter marginalisiert. Auch die modernen
Universitäten in Qamischli („Mesopotamische Akademie für Sozialwissenschaften“),
Afrin („Universität von Afrin“) und Qamishlo („Rojava-Universität“) sind nicht
mehr nutzbar. Deutsche Politiker*innen zeigen sich erschüttert – doch werden
reale Handlungsmöglichkeiten von BRD, EU und UN nicht genutzt.
Nicht erst die gemeinsamen Einsätze von türkischen Truppen mit für
Foltermethoden bekannten jihadistischen Gruppen, in denen deutsche Leopard-
Panzer gegen die kurdische Zivilbevölkerung eingesetzt wurden, zeigen, dass die
deutschen Rüstungsexporte tödlich und sofort einzustellen sind. Auf EU-Ebene
Waffenembargos gegen die Türkei zu verhängen, wäre als Sofortmaßnahme das
Mindeste, weitere Sanktionen gegen das türkische Regime sind zu erwägen. Dass
dies nicht geschieht, ist in dem im März 2016 zwischen der EU und der Türkei
geschlossenem „Flüchtlingsdeal“ begründet: Syrische Kriegsflüchtlinge werden in
der Türkei zusammengepfercht um die europäische Rechte zu besänftigen; im
Gegenzug erhält Erdogan finanzielle Unterstützung und wird bei
Menschenrechtsverstößen mit Appeasement-Politik belohnt. Auch NATO-
Generalsekretär Jens Stoltenberg hat in diesem Sinne zwar die türkische
Regierung zur Mäßigung im Sinne der „Stabilität“ der Region angehalten, dabei
jedoch gleichzeitig in bester Kriegsbündnis-Manier unter Berufung auf „legitime
Sicherheitsinteressen“ der Türkei den türkischen Überfall legitimiert. [„Our
Ally Turkey is at the forefront of the crisis and has legitimate security
concerns. It has suffered horrendous terrorist attacks. And it hosts millions of
Syrian refugees.“1] Diese Demaskierung der militärisch gestützten Machterhaltung
im Ausbeutungsinteresse macht deutlich, dass die zu militärischen Verteidigung
westlicher ökonomischer Interessen gegründete NATO keine Friedensperspektive
bietet – schon gar nicht als Teil einer „Anti-IS-Koalition“ ist. Ein deutscher
Austritt und das entschiedene Eintreten für zivilie Konfliktlösung über die
Vereinten Nationen sind jederzeit möglich, auch angesichts eines
Zusammenschlusses, welches Atomwaffen befürwortet sowie 2% des BIPs seiner
Mitgliedstaaten für Militärausgaben verwendet.
Gerade die Hochschulen sind dazu aufgefordert, sich zu dieser unhaltbaren und
menschenfeindlichen Situation zu äußern. Wissenschaftler*innen stehen in der
Verantwortung, sich mit aktuellen Krisen auseinanderzusetzen, um so den
allgemeinen Druck der öffentlichen Proteste zu erhöhen. Beispielsweise
Sozialwissenschaftler*innen, Jurist*innen, Erziehungswissenschaftler*innen und
Informatiker*innen können sich produktiv im Rahmen ihrer jeweiligen Fachrichtung
und interdisziplinär mit demokratischen Projekten wie dem in Rojava
beschäftigen, indem sie das Thema in ihre Lehre integrieren oder
Diskussionsveranstaltungen dazu organisieren könnten. Die
Frauenemanzipationsprojekte, die solidarische Landwirtschaft und die
Möglichkeiten zum egalitären Wissenschaftsaustausch, welche in Rojava aufgebaut
wurden, könnten Inspiration auch bezüglich lokaler Projekte geben.
Begründung
Weitere Begründung ggf. mündlich.
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