Antrag: | Campusgrüne Grundwerte |
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Antragsteller*in: | CampusGrün Uni Hamburg (dort beschlossen am: 18.11.2019) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 18.11.2019, 20:15 |
Ä6 zu A8NEU2: Campusgrüne Grundwerte
Antragstext
Von Zeile 2 bis 14:
Die Präambel legt fest: "Campusgrün (...) setzt sich für die Verwirklichung einer Gesellschaft ein, in der soziale Gerechtigkeit herrscht, die Menschenrechte tatsächlich umgesetzt sind, in der niemand diskriminiert wird und in der ein Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur besteht. [Campusgrün] sieht sich ferner den Grundsätzen der Gewaltfreiheit, des Feminismus und der Geschlechtergerechtigkeit verpflichtet." In den vergangenen 20 Jahren ist Campusgrün diesen Grundsätzen treu geblieben und als Campusgrüne wollen wir uns auch in den kommenden Jahren für diese Werte einsetzen. Doch nach dieser Zeit ist es sinnvoll, sich zu versichern, für welche Ideale wir uns einsetzen, erneut darüber auszutauschen, was unsere Grundwerte für uns bedeuten sowie diese zu schärfen und zu präzisieren. Im Folgenden sind die Campusgrün Grundsätze neu aufgelistet und beschrieben. Die Bestimmungen der Satzung werden dadurch nicht berührt.
Grüne Bündnisse gründeten sich unter Schlagworten wie „ökologisch, basisdemokratisch, sozial, gewaltfrei“ um die Entfaltung aller Menschen zu erkämpfen. Auch wir als Bundesverband grün-alternativer Hochschulgruppen stehen in diesem Sinne in der Tradition derer, die die Herrschaft des Menschen über den Menschen beenden wollen: "Campusgrün [...] setzt sich für die Verwirklichung einer Gesellschaft ein, in der soziale Gerechtigkeit herrscht, die Menschenrechte tatsächlich umgesetzt sind, in der niemand diskriminiert wird und in der ein Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur besteht."
Wo stehen wir darin im Jahr 2019, 20 Jahre nach der Gründung als Bundesverband? Die globale Krise der auf Konkurrenz und Wettbewerb gründenden Wirtschaftsordnung und der damit einhergehenden Deformierung politischer Systeme und des kulturellen Lebens hält an: Hunger, der schon längst überwunden sein könnte; Krieg, der im Wesentlichen den Rüstungsunternehmer*innen nützt; Klimawandel, der sich aufhalten ließe. Unter den Voraussetzungen globaler Vernetzung und eines steigenden Bildungsgrades gerät jedoch die neoliberale Alternativlosigkeitserzählung zunehmend ins Wanken und es formieren sich Gegenbewegungen – von dem Kampf um Vergesellschaftung von Wohnraum in Berlin über das Streiten der lateinamerikanischen Bevölkerungen in der Bolivarianischen Allianz für Amerika um ihre Selbstbestimmung, von den weltweiten Schüler*innendemos für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen statt Profitmaximierung über das Wirken der Anti-Austerity-Bewegungen vieler Länder für allen zu Gute kommenden Reichtum statt Enthaltsamkeits-Ideologie bis hin zu dem gemeinsamen Einsatz von Städten, Kommunen und den Vereinten Nationen zur Ächtung und Abschaffung von Atomwaffen für eine friedliche Welt.
In dieser Polarisierung reicht es, wie die Weimarer Republik zeigt, nicht aus, zu warten, zu hoffen und sich selbst gleich zu bleiben. Gegen die rückschrittlichen Versuche von Rechts, am Bestehenden festzuhalten und für eine emanzipatorische Alternative müssen wir unsere eigene Position als grüne Hochschulgruppen neu bestimmen. Umso wichtiger ist dies in einer Zeit, in denen breiten Teilen der grünen Partei und Bewegung jegliches kritische Verhältnis zum Staat, der trotz seiner momentanen Notwendigkeit nicht zuletzt die Ausbeutung verwaltet, verloren gegangen ist. Zu dieser Diskussion soll das vorliegende Grundsatzprogramm dienen.
EINLEITUNG
Die Präambel legt fest: "Campusgrün (...) setzt sich für die Verwirklichung
einer Gesellschaft ein, in der soziale Gerechtigkeit herrscht, die
Menschenrechte tatsächlich umgesetzt sind, in der niemand diskriminiert wird und
in der ein Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur besteht. [Campusgrün] sieht
sich ferner den Grundsätzen der Gewaltfreiheit, des Feminismus und der
Geschlechtergerechtigkeit verpflichtet." In den vergangenen 20 Jahren ist
Campusgrün diesen Grundsätzen treu geblieben und als Campusgrüne wollen wir uns
auch in den kommenden Jahren für diese Werte einsetzen. Doch nach dieser Zeit
ist es sinnvoll, sich zu versichern, für welche Ideale wir uns einsetzen, erneut
darüber auszutauschen, was unsere Grundwerte für uns bedeuten sowie diese zu
schärfen und zu präzisieren. Im Folgenden sind die Campusgrün Grundsätze neu
aufgelistet und beschrieben. Die Bestimmungen der Satzung werden dadurch nicht
berührt.
Grüne Bündnisse gründeten sich unter Schlagworten wie „ökologisch, basisdemokratisch, sozial, gewaltfrei“ um die Entfaltung aller Menschen zu erkämpfen. Auch wir als Bundesverband grün-alternativer Hochschulgruppen stehen in diesem Sinne in der Tradition derer, die die Herrschaft des Menschen über den Menschen beenden wollen: "Campusgrün [...] setzt sich für die Verwirklichung einer Gesellschaft ein, in der soziale Gerechtigkeit herrscht, die Menschenrechte tatsächlich umgesetzt sind, in der niemand diskriminiert wird und in der ein Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur besteht."
Wo stehen wir darin im Jahr 2019, 20 Jahre nach der Gründung als Bundesverband? Die globale Krise der auf Konkurrenz und Wettbewerb gründenden Wirtschaftsordnung und der damit einhergehenden Deformierung politischer Systeme und des kulturellen Lebens hält an: Hunger, der schon längst überwunden sein könnte; Krieg, der im Wesentlichen den Rüstungsunternehmer*innen nützt; Klimawandel, der sich aufhalten ließe. Unter den Voraussetzungen globaler Vernetzung und eines steigenden Bildungsgrades gerät jedoch die neoliberale Alternativlosigkeitserzählung zunehmend ins Wanken und es formieren sich Gegenbewegungen – von dem Kampf um Vergesellschaftung von Wohnraum in Berlin über das Streiten der lateinamerikanischen Bevölkerungen in der Bolivarianischen Allianz für Amerika um ihre Selbstbestimmung, von den weltweiten Schüler*innendemos für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen statt Profitmaximierung über das Wirken der Anti-Austerity-Bewegungen vieler Länder für allen zu Gute kommenden Reichtum statt Enthaltsamkeits-Ideologie bis hin zu dem gemeinsamen Einsatz von Städten, Kommunen und den Vereinten Nationen zur Ächtung und Abschaffung von Atomwaffen für eine friedliche Welt.
In dieser Polarisierung reicht es, wie die Weimarer Republik zeigt, nicht aus, zu warten, zu hoffen und sich selbst gleich zu bleiben. Gegen die rückschrittlichen Versuche von Rechts, am Bestehenden festzuhalten und für eine emanzipatorische Alternative müssen wir unsere eigene Position als grüne Hochschulgruppen neu bestimmen. Umso wichtiger ist dies in einer Zeit, in denen breiten Teilen der grünen Partei und Bewegung jegliches kritische Verhältnis zum Staat, der trotz seiner momentanen Notwendigkeit nicht zuletzt die Ausbeutung verwaltet, verloren gegangen ist. Zu dieser Diskussion soll das vorliegende Grundsatzprogramm dienen.
BASISDEMOKRATISCH
Alles ist politisch! Und betrifft uns daher alle.
Alle Beteiligten müssen sich für Partizipationsmöglichkeiten aller einsetzen und
mit Respekt auf Augenhöhe begegnen. Sobald Menschen von Mitsprache direkt oder
indirekt ausgeschlossen werden, wird ihnen die Möglichkeit genommen, ihre Ideen
zu teilen und Lösungsvorschläge zu diskutieren. Wer also versucht, andere vom
Diskurs auszuschließen verletzt damit das Recht auf Teilhabe und den
demokratischen Prozess als Ganzes. Kein Mensch sollte dabei über einem anderen
stehen: Demokratische Entscheidungsprozesse schließen autoritäre Strukturen aus!
Es ist das Ziel von Campusgrün, an einer Gesellschaft mitzuwirken, in der alle
Menschen am politischen, sozialen und kulturellen Leben vollständig frei und
ohne Hindernis teilhaben können und in der alle Gesellschaftsbereiche
demokratisch und partizipativ gestaltbar sind. Deshalb ist Basisdemokratie unser
politisches Ideal und Leitmotiv, vom Aufbau unserer Mitgliedsgruppen, über die
Entscheidungsprozesse in unserem Verband bis zu unserem Einsatz in den
Hochschulen und der weiteren Politik. Unser Ziel soll stets sein,
Partizipationsmöglichkeiten zu stärken und auszuweiten sowie Menschen eine
politische Stimme zu geben. Autoritäre Strukturen lehnen wir daher ab und wollen
ihnen entschieden entgegenwirken. Aus denselben Gründen wenden wir uns auch
gegen jede Form der Benachteiligung und Diskriminierung: Teilhabe darf nicht von
zugeschriebenen Eigenschaften oder materieller Verfügung abhängen und muss allen
gleichermaßen offen stehen.
Wir entwickeln kreative und progressive Ansätze, die Demokratie überall in der
Gesellschaft zu stärken und sind stets offen für neue Ideen anderer Akteur*innen
- solange sie keine rassistischen oder sexistischen Ansätze vertreten.
Benachteiligungen und Barrieren wollen wir überall abbauen und richten diesen
Anspruch an alle gesellschaftlichen Akteur*innen und selbstverständlich an uns
selbst. Deswegen arbeiten wir stets an den eigenen Prozessen und der gruppen-
wie verbandsinternen Debattenkultur. Individuen, die in Politik und der
breiteren Gesellschaft unterrepräsentiert sind oder denen auf andere Weise die
Beteiligung erschwert wird, lassen wir besondere Unterstützung zukommen, z.B. in
Form zusätzlicher Partizipationsmöglichkeiten. Ganz besonders engagiert wollen
wir gegen Abwertung, Exklusion und jede Form der Entmenschlichung kämpfen, denn
das hat in Demokratien keinen Platz: Toleranz gilt gegenüber allen, außer den
Intoleranten! Deshalb haben wir eine Unvereinbarkeit mit autoritären,
reaktionären, elitären oder anders menschenfeindlichen Gruppierungen in unserer
Satzung festgeschrieben, sowie unseren Einsatz für Vielfalt, Gerechtigkeit und
die tatsächliche Umsetzung der Menschenrechte.
ÖKOLOGISCHE GERECHTIGKEIT
Aufbruch aus den rostigen Ruinen kapitalistischer Verwertungslogik – hinein in
den nachhaltigen und gemeinwohlorientierten Hochschulraum
Angesichts der notwendigen sozial-ökologischen Transformation baut die
ökologische Gerechtigkeit darauf auf, dass das metabolische Austauschverhältnis
zwischen dem Menschen als Bestandteil der Natur grundlegend ökologisch gerechter
und im Einklang mit den Tieren und Pflanzen zu gestalten ist. Nur so kann die
Natur langfristig als Lebensgrundlage des Menschen und um ihrer selbst willen
geschützt werden. Ökologischen Gerechtigkeit schafft Bedingungen für eine
ökologische Entwicklung und Erhaltung aller Spezies, für Mindeststandards einer
gesunden, gefahrenlosen Mitwelt und für die dessen Gestaltung unter Teilhabe
aller Bürger*innen nach ökologisch-ästhetischen Werten.*
Campusgrün als Zusammenschluss vielzähliger grün-alternativer Listen im
evidenzbasierten Wissenschaftskosmos erkennt die Veränderungsnotwendigkeiten in
der Dringlichkeit an und sieht sich als einen Bestandteil von vielen
Akteur*innen der Nachhaltigkeits-, Biodiversitäts- und
Klimagerechtigkeitsbewegungen. Dabei wollen wir insbesondere die Hochschulen,
sowie Studierenden- und Studentenwerke mit priorisiertem Nachdruck für die
Gegenwart und Zukunft sozial- und umweltverträglich aufstellen. Wir stellen uns
der Verantwortung die Lebensgrundlagen zu erhalten. Die radikal-ökologischen
Maßgaben in den Studierendenschaften sollen dabei über die bestehenden Satzungs-
und Ordnungsvorschriften hinaus standardisiert werden. Außerdem kämpfen wir für
eine gesellschaftlich breit getragene, ökologische und sozial gerechte Ökonomie
in einer ökosozialistischen Gemeinschaft.
Der Aufbruch aus dem kurzsichtig Gewinn orientierten, Ungleichheit schaffenden
und Ressourcen verbrennenden Kapitalozän muss in den Arbeitsstrukturen, den
landes-, wie bundespolitischen Programmatiken der Studierendenschaften, sowie in
den Vorlesungssälen, der Forschung und den Verwaltungen der Hochschullandschaft
stattfinden. Deshalb positionieren wir uns für nachhaltig und ökologisch
ausfinanzierte Hochschulen sowie Studierendenwerke. Diese müssen in der
Infrastruktur, vor allem in den Liegenschaften, dem Fuhr- und
Forschungsinstrumentenpark und in dem Ernährungsangebot regional, sozial gerecht
produziert sowie betrieben und klimaneutral aufgestellt sein. Parallel zu der
bis 2030 abgeschlossenen Infrastrukturwende, deren Prozess partizipativ und
transparent dokumentiert für alle Statusgruppen aufzuschlüsseln ist, wird die
bis dato anhaltende „Problembewusstsein-Verhaltens“-Lücke durch die Förderung
pazifistischer, kapitalismuskritischer und tierversuchsfreier Forschung und
Alternativen aufzeigender interdisziplinärer Lehre in allen Studiengängen
forciert.
Zu unserer Vision gehört die offene Bildung von nachhaltiger Entwicklung. Die
Vermittlung wird von unten organisiert durch Studierende und
Universitätsangestellten. Der motorisierte Individualverkehr wird ersetzt durch
einen flächendeckenden kostenfreien ÖPNV und Radwege.
* (Anm.: Definition entspricht jener von Öko. Gerechtigkeit nach
http://www.bpb.de/apuz/30429/oekologische-gerechtigkeit-als-bessere-
nachhaltigkeit?p=3).
SOZIALES
Inklusiv, sozial & antikapitalistisch:
Der zerstörerischen Arbeitsmarktorientierung in der Hochschulbildung ein
soziales, inklusives Ende setzen!
Die Teilhabe am politischen und sozialen Leben benötigt in allen Lebensbereichen
die Grundlage eines guten Miteinanders ohne Ausgrenzung. Sie setzt eine
gleichwertige Verteilung von Kapital- und Bildungsressourcen, unabhängig von
Diskriminierungen gegenüber im klassistisch-patriarchalen System
marginalisierten Gruppen voraus. Im aktuellen Status quo konstatieren wir
fehlende Akzeptanz für diverse Lebensentwürfe unterschiedlicher Herkunft und
eine daraus resultierende Spaltung der Gesellschaft, welche sich beispielsweise
im gestiegenen psychischen Leidensdruck äußert. Die Entfremdung des Menschen von
seiner Arbeit, die paternalistische Quantifizierung des ehemals Privaten abseits
der geregelten Arbeitszeiten bis hin zur Entkopplung von der unberührten Natur.
Dem entgegen streben wir das gute Leben im langfristigen Einklang miteinander
und dem Ökosystem an.
Campusgrün lehnt sich gegen die Ausbeutung und Ausgrenzung von Studierenden im
bestehenden Abhängigkeitsverhältnis zu den akademischen Strukturen auf. Wir
widersprechen dem marktorientierten Wettbewerb an Hochschulen, der in
Kombination mit einer chronischen Unterfinanzierung des Bildungssystems, soziale
und ökonomische Ungleichheiten zwischen Menschen und Regionen verstärkt. Gute
Studienbedingungen sollen, abseits der kapitalistischen Herrschaftshierarchien,
den Menschen in seiner jeweiligen Lebenssituation strukturell unterstützen und
seine Gesundheit* stärken - auch für das Leben nach dem Studium.
Hochschulbildung darf keine knappe Ware für ökonomisch und familiär
Privilegierte sein und muss allen barrierefrei zugänglich sein. Für ein
inklusives Zusammenleben müssen die strukturellen Bedingungen gesichert sein.
Deshalb fordern wir:
- Der Hochschulraum muss Austeritätsüberlegungen widersprechend
ausfinanziert sein, sodass bedarfsgerechte Studienkapazitäten für alle und
über die Regelstudienzeit hinaus bereitgestellt werden können, um den
individuellen Leistungsdruck aufzulösen, welcher der solidarischen
Kooperation untereinander im Weg steht.
- Daraus leiten wir weiterhin unsere Ablehnung jeglicher Studiengebühren ab,
die Forderung nach einem elternunabhängigen, an den Wohnort angepasstes,
dynamisch und ausreichend finanziertes BAföG und nach nicht-prekären
Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten an den Hochschulen ab. Für
Studierende bedeutet das vor allem ein mindestens tariflich abgesicherter
Lohn, der eine alternative Studienfinanzierung zum BAföG darstellen
sollte. Auch internationale Studierende sollten in Deutschland ebenfalls
während des Studiums selbstständig beschäftigt tätig sein dürfen.
*(Anm.: nach WHO Definition)
ANTIFASCHISTISCH
Klimakämpfe müssen antifaschistische Kämpfe sein!
Durch antisemitisch und rassistisch motivierte Anschläge zeigt sich, wie nötig
es noch immer ist, dass wir uns immer und überall gegen Rassismus und
Antisemitismus organisieren. Antifaschistische Theorie und Praxis sind gerade
dann nötig, wenn die selbsternannte "Mitte" der Gesellschaft angesichts
progressiver Bewegungen reaktionär mit der extremen Rechten kollaboriert.
Hochschule und Wissenschaft müssen analysieren, was rechte Positionen hegemonial
werden lässt - und Alternativen entwickeln, wie man sie verhindern und ihnen
etwas entgegensetzen kann.Dafür muss der Grundsatz gelten, dass Wissenschaft
immer politisch ist: Wahrnehmung und ihre Vermittlung können kein Abbild einer
bewusstseinsunabhängigen Realität, eines objektiven Ursprunges, abliefern.
Stattdessen wird das objektive „Normale“ durch historische Sozialisation und
Materialität konstruiert und definiert.
In der Hochschule, der hochschulpolitischen Organisierung, und der gesamten
Gesellschaft ist kein Platz für Faschist*innen und Rassist*innen - stattdessen
gehen wir dem Grundsatz der Gleichheit nach. Wir stellen uns aktiv gegen
Machtinteressen, die jegliche Art diskriminierender Ideologien fördern,
insbesondere die, welche schädliches Konkurrenzverhalten hervorbringen.. Auch
die stillschweigende Tolerierung von Ungleichheit bedeutet aus unserer Sicht,
deren Fortbestehen zu gewährleisten. Wir boykottieren jede Art von
Menschenfeindlichkeit - auch über Hochschulen hinaus. Damit rechte Kräfte in
Deutschland nicht weiter als bisher bereits erstarken braucht es entsprechende
strukturelle Bedingungen (BAföG, Wohngeld, egalitäre Lehre, etc.), die eine
solidarische Organisierung für alle gegen Rechts ermöglichen. Indem wir uns
gemeinsam (als Campusgrüne, aber auch zusammen mit weiteren hochschul- und
stadtweiten sowie internationalen Akteur*innen) für egalitäre Verhältnisse
einsetzen, können sich erst allgemeine Werte wie Respekt entwickeln und
manifestieren. Wir müssen uns für eine Lehre organisieren, die die Beschäftigung
mit Diskriminierung und gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit (wie z.B.
Rassismus, Sexismus und Antisemitismus etc.) behandelt und Demokratiebildung
beinhaltet. Auch müssen wir uns mit öffentlichen Veranstaltungen, Demos und
direkten Aktionen gegen rechte Kräfte stellen.
Campusgrün unterstützt also den Grundsatz, dass Aufgabe von antifaschistischer
Wissenschaft demnach sein muss, „sich mit ihrer Vergangenheit
auseinanderzusetzen und danach zu fragen, wie Gesellschaft und Individuen
verfasst sein müssen, um ein Widererstarken des Faschismus zu verhindern"* Wir
setzen uns dafür ein, dass die Auseinandersetzung mit der Geschichte
gesellschaftlicher (studentischer) Bewegung in umfassender Form gefördert wird,
aus der wir Schlüsse für unsere aktuelle politische Praxis ziehen können.
*(Christ/Suderland 2014: Soziologie und Nationalsozialismus: Suhrkamp).
ÖKOFEMINISTISCH/QUEER-ECOLOGIES
In den kapitalistischen Kernländern wird die immanente Krisenhaftigkeit des
Kapitalismus beispielsweise im Sektor der Care-Arbeit sowie an der Verknappung
der für den propagierten Lebenswandel des Menschen als Konsumenten nötigen
natürlichen Ressourcen für immer mehr Menschen deutlich. Feministische Kämpfe
und die Überwindung der ökologischen Krise müssen zusammen gedacht werden.
Kapitalistische Gesellschaften sind patriarchale Gesellschaften: Sowohl die
Natur als auch Personen, die nichtentlohnte Care-Arbeit verrichten (insbesondere
Frauen) werden in ihnen systematisch als nur für das Kapital verwertbare
'Ressourcen' gehandelt. Es wird davon ausgegangen, dass sich Care-Arbeiten sowie
natürliche Organismen immer wieder regenerieren werden - sie also endlos der
Warenproduktion dienen können. Dementsprechend besteht ein Zusammenhang zwischen
verschiedenen Herrschaftsverhältnissen, welche die internationale Ausbeutung der
Natur legitimiert. Damit einhergehend werden Ungleichheiten zwischen arbeitenden
Menschen (insbesondere Personen, denen eine weibliche Geschlechterrolle
zugewiesen wird) aus dem "Globalen Norden" und "Globalen Süden" erhöht. Diese
Herrschaftsverhältnisse des Kapitals sind dieselben, die auch über den
Normalzustand der Heteronormativität bestimmen und ihn hegemonial machen.
Mit diesem Verständnis stellt der Ansatz der Queer Ecologies die vermeintliche
Verbundenheit von "Frau" und "Natur" in Frage: Wir gehen davon aus, dass
Geschlechtszugehörigkeit gesellschaftlich konstruiert ist – und nicht etwa
biologistischen Paradigmen folgt. Dementsprechend ist es ein Trugschluss, die
Gebärfähigkeit eines Menschen mit der Verantwortung zur gesellschaftlichen
Reproduktion gleichzusetzen. Eine biologisch bedingte "weibliche Praxis"
(unbezahlte Hausarbeit, Pflege, Kindererziehung), ist damit widerlegt.
Schlussendlich ist die Trennung zwischen "Natur" und "Kultur" demnach
machtpolitisch hergestellt. Dagegen wollen wir Campusgrüne den Raum dafür
schaffen, ein alternatives Verständnis von Produktivität diskutieren sowie die
künstliche Trennung zwischen Natur und Kultur neu verhandeln: Es sollte keine
Hierarchisierung zwischen beiden Modellen stattfinden; der menschliche,
historisch geprägte Blickwinkel ist nicht der einzige, der im internationalen
Gefüge zählt. Wir können und wollen nicht über jeden Organismus verfügen, ihn
beherrschen; sondern gehen von einer produktiven, gegenseitigen Unterstützung
aller aus.
INTERNATIONALISTISCH
Wir alle leben auf einem Planeten und dabei macht es keinen Unterschied auf
welchen Erdteil wir geboren sind. In Zeiten wachsender globaler
Herausforderungen wie dem Klimawandel, der Globalisierung, internationaler
Kooperationen und Konflikten, Interdependenzen sowie einer zunehmenden globalen
Öffentlichkeit müssen wir die engen Scheuklappen der nationalen Grenzen hinter
uns lassen und uns als eine Weltgesellschaft verstehen, die gemeinsam und
solidarisch diese Herausforderungen angeht. So anspruchsvoll die Veränderungen
einer sich globalisierenden Welt für einige auch sein mag, eine Rückkehr zur
Isolation lenkt lediglich von den Problemen ab und lässt diese nur noch größer
werden. Vielmehr sollten wir die Vielfalt und Vernetzung einer globalen
Menschheit als Chance sehen, alte Konflikte beizulegen und eine faire, freie und
fortschrittliche Weltgesellschaft zu fördern.
Eine global vernetzte akademische Gemeinschaft ist für viele Beteiligte jetzt
schon eine Selbstverständlichkeit und als Studierende profitieren wir von dieser
Offenheit und gestalten sie aktiv mit. Wissenschaft und ein solidarisches
Studium müssen dazu beitragen Grenzen und Vorurteile abzubauen. So muss sich in
Seminaren mit verschiedenen Demokratiekonzepten auseinandergesetzt werden und
sich mit Konzepten der Konfliktvorbeugung beschäftigt werden. Die Antwort auf
Konkurrenz und Krieg kann nur eine globale sein und somit ist globale
Bildungsarbeit nichts anderes als eine weitere Form der Friedensarbeit: Mit
Waffen führt man Kriege, mit Theorie und Praxis beendet man sie! Dabei ist uns
nur zu sehr bewusst, dass eine globale Gesellschaft nicht bedeuten darf, ein
europäisch-nordamerikanisches Gesellschaftsmodell auf die gesamte Welt
auszuweiten, sondern allen Menschen die Mitgestaltung dieser Gesellschaft zu
ermöglichen. Das heißt, Menschen des globalen Südens, marginalisierten Gruppen
und die ökonomisch Benachteiligten in alle Entscheidungsprozesse mit
einzubeziehen. International heißt immer solidarisch zu sein!
Als Campusgrüne wollen wir bei allen unseren Entscheidungen die globale
Bedeutung mitdenken. Wir versuchen unsere theoretischen Überlegungen und daraus
resultierenden Aktivismus zu internationalisieren. Doch auch vor Ort versuchen
wir, dafür die Hürden für Beteiligung abzubauen, diskutieren Perspektiven und
Ideen gemeinsam (egal, welcher Herkunft wir sind) und versuchen Räume zu
schaffen, damit sich Studierende eine Stimme geben können, egal welche Sprache
sie sprechen. Wir widersetzen uns jeder Form der Menschenfeindlichkeit und
treten ausschließenden Ideologien wie Rassismus, Antisemitismus und
Antiziganismus mit aller Kraft entgegen. Wir engagieren uns für Projekte im
Bereich internationaler gemeinsamer Praxis, der Friedens- und Anti-Kriegsarbeit,
der (Post)Kolonialismuskritik und der globalen Solidarität mit unterdrückten,
verfolgten und ausgebeuteten Menschen.
GEWALTFREI
Gewalt verhindert einen freien und gleichen Diskurs und ist deshalb niemals
legitimes Mittel grüner Politik.
Sobald einem Lebewesen Gewalt angetan wird, entstehen Schmerzen, entstehen Angst
und Wut und langfristig entsteht weitere Gewalt. Ob diese berechtigte Gegenwehr
ist oder eine weitere Eskalation, zu einer gemeinsamen und gerechten Lösung
führt es in keinem Fall. Stattdessen entstehen neues Leid und mehr Gewalt. Jede
Gesellschaft muss daher Wege finden Konflikte ohne Gewalt zu lösen, doch wir
sehen in der Welt, dass dies ein selten erreichtes Ideal ist. Gewalt ist nicht
nur körperlich, sondern kann auch seelisch sein oder versteckt ausgeübt werden.
Manchmal ist Gewalt den Beteiligten, weder Opfer noch Täter*innen völlig
bewusst, aber sie geschieht trotzdem. Es ist daher unser aller Aufgabe Gewalt
aufzudecken und Wege zu finden sie zu verhindern, nicht durch Vergeltung,
sondern Aufklärung. Das gilt für einen Streit unter Freund*innen bis hin zu
kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Staaten. Frieden muss in allem
Handeln oberstes Ziel sein, durch das Ansprechen der Gewalt, das Aussprechen
zwischen den Konfliktparteien und das Auflösen der Konfliktsituation.
Als Campusgrüne kämpfen wir für eine friedliche Welt, aber mit Worten und
gewaltfreier Aktion. Wir glauben, dass vor allem die Wissenschaft in der Pflicht
steht Wege friedlicher Konfliktlösung und gewaltfreien Zusammenlebens
aufzuzeigen. Aus diesem Grund lehnen wir jegliche militärische Forschung oder
kriegerische Nutzung von Forschung ab und fordern eine strenge Zivilklausel für
alle staatlichen Hochschulen. Stattdessen ist die Arbeit der Friedensforschung
und Konfliktprävention stärker zu fördern. Hochschulen sollen auch jenseits
ihrer Forschung ein gewaltfreier Ort sein, Übergriffe jeglicher Art müssen
restlos aufgeklärt und geahndet werden und das gesellschaftliche Klima sollte so
gestaltet sein, dass sich alle Beteiligten sicher und wohl fühlen können.
ZUR GESELLSCHAFTLICHEN VERANTWORTUNG VON WISSENSCHAFT
Wissenschaft soll für gesellschaftliche Emanzipation und Wohlstand sorgen,
kritisch und frei sein und gleichzeitig im Dienst der Gesellschaft stehen.
Sie kann nur für gesellschaftliche Emanzipation, Innovation und Wohlstand sorgen
und gleichzeitig kritisch und unbequem sein, wenn sie frei ist, d.h. frei von
politischen oder ökonomischen Einschränkungen. Außerdem kann Wissenschaft und
Forschung nur funktionieren, wenn sie gesellschaftlich akzeptiert und
wertgeschätzt werden. Wissenschaft sollte durch demokratische Prozesse aber auch
so gesteuert werden können, dass sie sich mit Herausforderungen wie der
Klimakrise und der Digitalisierung auseinandersetzt. Dabei ist es entscheidend,
dass sie sich den Normen einer pluralen und demokratischen Gesellschaft
verpflichtet fühlt, die gleichzeitig die Grundlage für ihre freie Entfaltung
sind.
Wissenschaftliche Auseinandersetzung ist dabei immer zugleich Produkt und
Produzent gesellschaftlicher Diskurse und Kämpfe, Themen aus dem öffentlichen
Diskurs "diffundieren" ständig in die wissenschaftliche Sphäre und umgekehrt.
Aufgrund dieser gesellschaftlich geprägten Heterogenität muss das Streiten in
der Universität der Grundsatz jeder Disziplin werden. Gegen die
Geschichtsvergessenheit und versuchte Neutralisierung muss die Wissenschaft
danach fragen, wie es zum Auftreten gesellschaftlicher Herausforderungen kommt,
in welcher Breite sie Fuß fassen und was wir gegen sie tun können. Dabei
definieren rechte, diskriminierende Positionen endgültig die Grenzen der
wissenschaftlichen Lehrbefugnis. Sie mögen legal sein – aber in Hinblick auf
eine solidarische Gesellschaft gar keinen Fall legitim!
Für uns ist die Garantie von Wissenschaftsfreiheit daher essenziell. Campusgrün
kämpft dafür, dass die Wissenschaft in allen Fachbereichen optimale
gesellschaftliche und finanzielle Bedingungen vorfindet. Sie muss
rechtsstaatlich so abgesichert sein, dass sie frei ist von politischem Druck,
d.h. der gesamte Forschungsprozess muss politisch und auch gesellschaftlich
nicht erwünscht sein. Es genügt jedoch nicht nur, wenn Wissenschaftsfreiheit
gesetzlich garantiert ist, sie kann nur existieren, wenn Forschende auch die
finanziellen Mittel und die Zeit besitzen, sich mit ihrer Disziplin
auseinanderzusetzen. Dazu braucht es eine ausreichende und verlässliche
Grundfinanzierung der Hochschulen und wissenschaftlichen Institute sowie nicht-
prekäre und familienfreundliche Beschäftigungsverhältnisse. Wettbewerb um die
Vergabe von Geldern darf eine ausreichende Grundfinanzierung nicht ersetzen.
Zugleich setzen wir uns dafür ein, dass Wissenschaft und Gesellschaft in einem
ständigen Dialog miteinander stehen. Es müssen gesellschaftliche Diskussionen
über die Folgen von Technologien und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen
hinsichtlich ihrer ethischen und ökologischen Konsequenzen stattfinden.
Wissenschaftler*innen stehen aber auch in der Pflicht, ihre Arbeit transparent
zu kommunizieren. Ihre Rolle als Akteur*in z.B. in der Politikberatung muss
offen kommuniziert und diskutiert werden. Transparenz von wissenschaftlichem
Nutzen, aber auch eigenen Interessen, Regeln und Funktionsweisen, auch von
Fehlern und Skandalen ist entscheidend, um langfristig das Vertrauen der
Gesellschaft zu gewinnen und zu erhalten.
Gesellschaft und Politik haben die Aufgabe die Voraussetzungen für freie
Wissenschaft und Forschung zu schaffen und Wissenschaftler*innen müssen sich den
demokratischen Normen und stückweise den gesellschaftlichen Forderungen an ihre
Arbeit anpassen und sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sein.
Von Zeile 2 bis 14:
Die Präambel legt fest: "Campusgrün (...) setzt sich für die Verwirklichung einer Gesellschaft ein, in der soziale Gerechtigkeit herrscht, die Menschenrechte tatsächlich umgesetzt sind, in der niemand diskriminiert wird und in der ein Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur besteht. [Campusgrün] sieht sich ferner den Grundsätzen der Gewaltfreiheit, des Feminismus und der Geschlechtergerechtigkeit verpflichtet." In den vergangenen 20 Jahren ist Campusgrün diesen Grundsätzen treu geblieben und als Campusgrüne wollen wir uns auch in den kommenden Jahren für diese Werte einsetzen. Doch nach dieser Zeit ist es sinnvoll, sich zu versichern, für welche Ideale wir uns einsetzen, erneut darüber auszutauschen, was unsere Grundwerte für uns bedeuten sowie diese zu schärfen und zu präzisieren. Im Folgenden sind die Campusgrün Grundsätze neu aufgelistet und beschrieben. Die Bestimmungen der Satzung werden dadurch nicht berührt.
Grüne Bündnisse gründeten sich unter Schlagworten wie „ökologisch, basisdemokratisch, sozial, gewaltfrei“ um die Entfaltung aller Menschen zu erkämpfen. Auch wir als Bundesverband grün-alternativer Hochschulgruppen stehen in diesem Sinne in der Tradition derer, die die Herrschaft des Menschen über den Menschen beenden wollen: "Campusgrün [...] setzt sich für die Verwirklichung einer Gesellschaft ein, in der soziale Gerechtigkeit herrscht, die Menschenrechte tatsächlich umgesetzt sind, in der niemand diskriminiert wird und in der ein Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur besteht."
Wo stehen wir darin im Jahr 2019, 20 Jahre nach der Gründung als Bundesverband? Die globale Krise der auf Konkurrenz und Wettbewerb gründenden Wirtschaftsordnung und der damit einhergehenden Deformierung politischer Systeme und des kulturellen Lebens hält an: Hunger, der schon längst überwunden sein könnte; Krieg, der im Wesentlichen den Rüstungsunternehmer*innen nützt; Klimawandel, der sich aufhalten ließe. Unter den Voraussetzungen globaler Vernetzung und eines steigenden Bildungsgrades gerät jedoch die neoliberale Alternativlosigkeitserzählung zunehmend ins Wanken und es formieren sich Gegenbewegungen – von dem Kampf um Vergesellschaftung von Wohnraum in Berlin über das Streiten der lateinamerikanischen Bevölkerungen in der Bolivarianischen Allianz für Amerika um ihre Selbstbestimmung, von den weltweiten Schüler*innendemos für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen statt Profitmaximierung über das Wirken der Anti-Austerity-Bewegungen vieler Länder für allen zu Gute kommenden Reichtum statt Enthaltsamkeits-Ideologie bis hin zu dem gemeinsamen Einsatz von Städten, Kommunen und den Vereinten Nationen zur Ächtung und Abschaffung von Atomwaffen für eine friedliche Welt.
In dieser Polarisierung reicht es, wie die Weimarer Republik zeigt, nicht aus, zu warten, zu hoffen und sich selbst gleich zu bleiben. Gegen die rückschrittlichen Versuche von Rechts, am Bestehenden festzuhalten und für eine emanzipatorische Alternative müssen wir unsere eigene Position als grüne Hochschulgruppen neu bestimmen. Umso wichtiger ist dies in einer Zeit, in denen breiten Teilen der grünen Partei und Bewegung jegliches kritische Verhältnis zum Staat, der trotz seiner momentanen Notwendigkeit nicht zuletzt die Ausbeutung verwaltet, verloren gegangen ist. Zu dieser Diskussion soll das vorliegende Grundsatzprogramm dienen.
EINLEITUNG
Die Präambel legt fest: "Campusgrün (...) setzt sich für die Verwirklichung
einer Gesellschaft ein, in der soziale Gerechtigkeit herrscht, die
Menschenrechte tatsächlich umgesetzt sind, in der niemand diskriminiert wird und
in der ein Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur besteht. [Campusgrün] sieht
sich ferner den Grundsätzen der Gewaltfreiheit, des Feminismus und der
Geschlechtergerechtigkeit verpflichtet." In den vergangenen 20 Jahren ist
Campusgrün diesen Grundsätzen treu geblieben und als Campusgrüne wollen wir uns
auch in den kommenden Jahren für diese Werte einsetzen. Doch nach dieser Zeit
ist es sinnvoll, sich zu versichern, für welche Ideale wir uns einsetzen, erneut
darüber auszutauschen, was unsere Grundwerte für uns bedeuten sowie diese zu
schärfen und zu präzisieren. Im Folgenden sind die Campusgrün Grundsätze neu
aufgelistet und beschrieben. Die Bestimmungen der Satzung werden dadurch nicht
berührt.
Grüne Bündnisse gründeten sich unter Schlagworten wie „ökologisch, basisdemokratisch, sozial, gewaltfrei“ um die Entfaltung aller Menschen zu erkämpfen. Auch wir als Bundesverband grün-alternativer Hochschulgruppen stehen in diesem Sinne in der Tradition derer, die die Herrschaft des Menschen über den Menschen beenden wollen: "Campusgrün [...] setzt sich für die Verwirklichung einer Gesellschaft ein, in der soziale Gerechtigkeit herrscht, die Menschenrechte tatsächlich umgesetzt sind, in der niemand diskriminiert wird und in der ein Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur besteht."
Wo stehen wir darin im Jahr 2019, 20 Jahre nach der Gründung als Bundesverband? Die globale Krise der auf Konkurrenz und Wettbewerb gründenden Wirtschaftsordnung und der damit einhergehenden Deformierung politischer Systeme und des kulturellen Lebens hält an: Hunger, der schon längst überwunden sein könnte; Krieg, der im Wesentlichen den Rüstungsunternehmer*innen nützt; Klimawandel, der sich aufhalten ließe. Unter den Voraussetzungen globaler Vernetzung und eines steigenden Bildungsgrades gerät jedoch die neoliberale Alternativlosigkeitserzählung zunehmend ins Wanken und es formieren sich Gegenbewegungen – von dem Kampf um Vergesellschaftung von Wohnraum in Berlin über das Streiten der lateinamerikanischen Bevölkerungen in der Bolivarianischen Allianz für Amerika um ihre Selbstbestimmung, von den weltweiten Schüler*innendemos für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen statt Profitmaximierung über das Wirken der Anti-Austerity-Bewegungen vieler Länder für allen zu Gute kommenden Reichtum statt Enthaltsamkeits-Ideologie bis hin zu dem gemeinsamen Einsatz von Städten, Kommunen und den Vereinten Nationen zur Ächtung und Abschaffung von Atomwaffen für eine friedliche Welt.
In dieser Polarisierung reicht es, wie die Weimarer Republik zeigt, nicht aus, zu warten, zu hoffen und sich selbst gleich zu bleiben. Gegen die rückschrittlichen Versuche von Rechts, am Bestehenden festzuhalten und für eine emanzipatorische Alternative müssen wir unsere eigene Position als grüne Hochschulgruppen neu bestimmen. Umso wichtiger ist dies in einer Zeit, in denen breiten Teilen der grünen Partei und Bewegung jegliches kritische Verhältnis zum Staat, der trotz seiner momentanen Notwendigkeit nicht zuletzt die Ausbeutung verwaltet, verloren gegangen ist. Zu dieser Diskussion soll das vorliegende Grundsatzprogramm dienen.
BASISDEMOKRATISCH
Alles ist politisch! Und betrifft uns daher alle.
Alle Beteiligten müssen sich für Partizipationsmöglichkeiten aller einsetzen und
mit Respekt auf Augenhöhe begegnen. Sobald Menschen von Mitsprache direkt oder
indirekt ausgeschlossen werden, wird ihnen die Möglichkeit genommen, ihre Ideen
zu teilen und Lösungsvorschläge zu diskutieren. Wer also versucht, andere vom
Diskurs auszuschließen verletzt damit das Recht auf Teilhabe und den
demokratischen Prozess als Ganzes. Kein Mensch sollte dabei über einem anderen
stehen: Demokratische Entscheidungsprozesse schließen autoritäre Strukturen aus!
Es ist das Ziel von Campusgrün, an einer Gesellschaft mitzuwirken, in der alle
Menschen am politischen, sozialen und kulturellen Leben vollständig frei und
ohne Hindernis teilhaben können und in der alle Gesellschaftsbereiche
demokratisch und partizipativ gestaltbar sind. Deshalb ist Basisdemokratie unser
politisches Ideal und Leitmotiv, vom Aufbau unserer Mitgliedsgruppen, über die
Entscheidungsprozesse in unserem Verband bis zu unserem Einsatz in den
Hochschulen und der weiteren Politik. Unser Ziel soll stets sein,
Partizipationsmöglichkeiten zu stärken und auszuweiten sowie Menschen eine
politische Stimme zu geben. Autoritäre Strukturen lehnen wir daher ab und wollen
ihnen entschieden entgegenwirken. Aus denselben Gründen wenden wir uns auch
gegen jede Form der Benachteiligung und Diskriminierung: Teilhabe darf nicht von
zugeschriebenen Eigenschaften oder materieller Verfügung abhängen und muss allen
gleichermaßen offen stehen.
Wir entwickeln kreative und progressive Ansätze, die Demokratie überall in der
Gesellschaft zu stärken und sind stets offen für neue Ideen anderer Akteur*innen
- solange sie keine rassistischen oder sexistischen Ansätze vertreten.
Benachteiligungen und Barrieren wollen wir überall abbauen und richten diesen
Anspruch an alle gesellschaftlichen Akteur*innen und selbstverständlich an uns
selbst. Deswegen arbeiten wir stets an den eigenen Prozessen und der gruppen-
wie verbandsinternen Debattenkultur. Individuen, die in Politik und der
breiteren Gesellschaft unterrepräsentiert sind oder denen auf andere Weise die
Beteiligung erschwert wird, lassen wir besondere Unterstützung zukommen, z.B. in
Form zusätzlicher Partizipationsmöglichkeiten. Ganz besonders engagiert wollen
wir gegen Abwertung, Exklusion und jede Form der Entmenschlichung kämpfen, denn
das hat in Demokratien keinen Platz: Toleranz gilt gegenüber allen, außer den
Intoleranten! Deshalb haben wir eine Unvereinbarkeit mit autoritären,
reaktionären, elitären oder anders menschenfeindlichen Gruppierungen in unserer
Satzung festgeschrieben, sowie unseren Einsatz für Vielfalt, Gerechtigkeit und
die tatsächliche Umsetzung der Menschenrechte.
ÖKOLOGISCHE GERECHTIGKEIT
Aufbruch aus den rostigen Ruinen kapitalistischer Verwertungslogik – hinein in
den nachhaltigen und gemeinwohlorientierten Hochschulraum
Angesichts der notwendigen sozial-ökologischen Transformation baut die
ökologische Gerechtigkeit darauf auf, dass das metabolische Austauschverhältnis
zwischen dem Menschen als Bestandteil der Natur grundlegend ökologisch gerechter
und im Einklang mit den Tieren und Pflanzen zu gestalten ist. Nur so kann die
Natur langfristig als Lebensgrundlage des Menschen und um ihrer selbst willen
geschützt werden. Ökologischen Gerechtigkeit schafft Bedingungen für eine
ökologische Entwicklung und Erhaltung aller Spezies, für Mindeststandards einer
gesunden, gefahrenlosen Mitwelt und für die dessen Gestaltung unter Teilhabe
aller Bürger*innen nach ökologisch-ästhetischen Werten.*
Campusgrün als Zusammenschluss vielzähliger grün-alternativer Listen im
evidenzbasierten Wissenschaftskosmos erkennt die Veränderungsnotwendigkeiten in
der Dringlichkeit an und sieht sich als einen Bestandteil von vielen
Akteur*innen der Nachhaltigkeits-, Biodiversitäts- und
Klimagerechtigkeitsbewegungen. Dabei wollen wir insbesondere die Hochschulen,
sowie Studierenden- und Studentenwerke mit priorisiertem Nachdruck für die
Gegenwart und Zukunft sozial- und umweltverträglich aufstellen. Wir stellen uns
der Verantwortung die Lebensgrundlagen zu erhalten. Die radikal-ökologischen
Maßgaben in den Studierendenschaften sollen dabei über die bestehenden Satzungs-
und Ordnungsvorschriften hinaus standardisiert werden. Außerdem kämpfen wir für
eine gesellschaftlich breit getragene, ökologische und sozial gerechte Ökonomie
in einer ökosozialistischen Gemeinschaft.
Der Aufbruch aus dem kurzsichtig Gewinn orientierten, Ungleichheit schaffenden
und Ressourcen verbrennenden Kapitalozän muss in den Arbeitsstrukturen, den
landes-, wie bundespolitischen Programmatiken der Studierendenschaften, sowie in
den Vorlesungssälen, der Forschung und den Verwaltungen der Hochschullandschaft
stattfinden. Deshalb positionieren wir uns für nachhaltig und ökologisch
ausfinanzierte Hochschulen sowie Studierendenwerke. Diese müssen in der
Infrastruktur, vor allem in den Liegenschaften, dem Fuhr- und
Forschungsinstrumentenpark und in dem Ernährungsangebot regional, sozial gerecht
produziert sowie betrieben und klimaneutral aufgestellt sein. Parallel zu der
bis 2030 abgeschlossenen Infrastrukturwende, deren Prozess partizipativ und
transparent dokumentiert für alle Statusgruppen aufzuschlüsseln ist, wird die
bis dato anhaltende „Problembewusstsein-Verhaltens“-Lücke durch die Förderung
pazifistischer, kapitalismuskritischer und tierversuchsfreier Forschung und
Alternativen aufzeigender interdisziplinärer Lehre in allen Studiengängen
forciert.
Zu unserer Vision gehört die offene Bildung von nachhaltiger Entwicklung. Die
Vermittlung wird von unten organisiert durch Studierende und
Universitätsangestellten. Der motorisierte Individualverkehr wird ersetzt durch
einen flächendeckenden kostenfreien ÖPNV und Radwege.
* (Anm.: Definition entspricht jener von Öko. Gerechtigkeit nach
http://www.bpb.de/apuz/30429/oekologische-gerechtigkeit-als-bessere-
nachhaltigkeit?p=3).
SOZIALES
Inklusiv, sozial & antikapitalistisch:
Der zerstörerischen Arbeitsmarktorientierung in der Hochschulbildung ein
soziales, inklusives Ende setzen!
Die Teilhabe am politischen und sozialen Leben benötigt in allen Lebensbereichen
die Grundlage eines guten Miteinanders ohne Ausgrenzung. Sie setzt eine
gleichwertige Verteilung von Kapital- und Bildungsressourcen, unabhängig von
Diskriminierungen gegenüber im klassistisch-patriarchalen System
marginalisierten Gruppen voraus. Im aktuellen Status quo konstatieren wir
fehlende Akzeptanz für diverse Lebensentwürfe unterschiedlicher Herkunft und
eine daraus resultierende Spaltung der Gesellschaft, welche sich beispielsweise
im gestiegenen psychischen Leidensdruck äußert. Die Entfremdung des Menschen von
seiner Arbeit, die paternalistische Quantifizierung des ehemals Privaten abseits
der geregelten Arbeitszeiten bis hin zur Entkopplung von der unberührten Natur.
Dem entgegen streben wir das gute Leben im langfristigen Einklang miteinander
und dem Ökosystem an.
Campusgrün lehnt sich gegen die Ausbeutung und Ausgrenzung von Studierenden im
bestehenden Abhängigkeitsverhältnis zu den akademischen Strukturen auf. Wir
widersprechen dem marktorientierten Wettbewerb an Hochschulen, der in
Kombination mit einer chronischen Unterfinanzierung des Bildungssystems, soziale
und ökonomische Ungleichheiten zwischen Menschen und Regionen verstärkt. Gute
Studienbedingungen sollen, abseits der kapitalistischen Herrschaftshierarchien,
den Menschen in seiner jeweiligen Lebenssituation strukturell unterstützen und
seine Gesundheit* stärken - auch für das Leben nach dem Studium.
Hochschulbildung darf keine knappe Ware für ökonomisch und familiär
Privilegierte sein und muss allen barrierefrei zugänglich sein. Für ein
inklusives Zusammenleben müssen die strukturellen Bedingungen gesichert sein.
Deshalb fordern wir:
- Der Hochschulraum muss Austeritätsüberlegungen widersprechend
ausfinanziert sein, sodass bedarfsgerechte Studienkapazitäten für alle und
über die Regelstudienzeit hinaus bereitgestellt werden können, um den
individuellen Leistungsdruck aufzulösen, welcher der solidarischen
Kooperation untereinander im Weg steht.
- Daraus leiten wir weiterhin unsere Ablehnung jeglicher Studiengebühren ab,
die Forderung nach einem elternunabhängigen, an den Wohnort angepasstes,
dynamisch und ausreichend finanziertes BAföG und nach nicht-prekären
Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten an den Hochschulen ab. Für
Studierende bedeutet das vor allem ein mindestens tariflich abgesicherter
Lohn, der eine alternative Studienfinanzierung zum BAföG darstellen
sollte. Auch internationale Studierende sollten in Deutschland ebenfalls
während des Studiums selbstständig beschäftigt tätig sein dürfen.
*(Anm.: nach WHO Definition)
ANTIFASCHISTISCH
Klimakämpfe müssen antifaschistische Kämpfe sein!
Durch antisemitisch und rassistisch motivierte Anschläge zeigt sich, wie nötig
es noch immer ist, dass wir uns immer und überall gegen Rassismus und
Antisemitismus organisieren. Antifaschistische Theorie und Praxis sind gerade
dann nötig, wenn die selbsternannte "Mitte" der Gesellschaft angesichts
progressiver Bewegungen reaktionär mit der extremen Rechten kollaboriert.
Hochschule und Wissenschaft müssen analysieren, was rechte Positionen hegemonial
werden lässt - und Alternativen entwickeln, wie man sie verhindern und ihnen
etwas entgegensetzen kann.Dafür muss der Grundsatz gelten, dass Wissenschaft
immer politisch ist: Wahrnehmung und ihre Vermittlung können kein Abbild einer
bewusstseinsunabhängigen Realität, eines objektiven Ursprunges, abliefern.
Stattdessen wird das objektive „Normale“ durch historische Sozialisation und
Materialität konstruiert und definiert.
In der Hochschule, der hochschulpolitischen Organisierung, und der gesamten
Gesellschaft ist kein Platz für Faschist*innen und Rassist*innen - stattdessen
gehen wir dem Grundsatz der Gleichheit nach. Wir stellen uns aktiv gegen
Machtinteressen, die jegliche Art diskriminierender Ideologien fördern,
insbesondere die, welche schädliches Konkurrenzverhalten hervorbringen.. Auch
die stillschweigende Tolerierung von Ungleichheit bedeutet aus unserer Sicht,
deren Fortbestehen zu gewährleisten. Wir boykottieren jede Art von
Menschenfeindlichkeit - auch über Hochschulen hinaus. Damit rechte Kräfte in
Deutschland nicht weiter als bisher bereits erstarken braucht es entsprechende
strukturelle Bedingungen (BAföG, Wohngeld, egalitäre Lehre, etc.), die eine
solidarische Organisierung für alle gegen Rechts ermöglichen. Indem wir uns
gemeinsam (als Campusgrüne, aber auch zusammen mit weiteren hochschul- und
stadtweiten sowie internationalen Akteur*innen) für egalitäre Verhältnisse
einsetzen, können sich erst allgemeine Werte wie Respekt entwickeln und
manifestieren. Wir müssen uns für eine Lehre organisieren, die die Beschäftigung
mit Diskriminierung und gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit (wie z.B.
Rassismus, Sexismus und Antisemitismus etc.) behandelt und Demokratiebildung
beinhaltet. Auch müssen wir uns mit öffentlichen Veranstaltungen, Demos und
direkten Aktionen gegen rechte Kräfte stellen.
Campusgrün unterstützt also den Grundsatz, dass Aufgabe von antifaschistischer
Wissenschaft demnach sein muss, „sich mit ihrer Vergangenheit
auseinanderzusetzen und danach zu fragen, wie Gesellschaft und Individuen
verfasst sein müssen, um ein Widererstarken des Faschismus zu verhindern"* Wir
setzen uns dafür ein, dass die Auseinandersetzung mit der Geschichte
gesellschaftlicher (studentischer) Bewegung in umfassender Form gefördert wird,
aus der wir Schlüsse für unsere aktuelle politische Praxis ziehen können.
*(Christ/Suderland 2014: Soziologie und Nationalsozialismus: Suhrkamp).
ÖKOFEMINISTISCH/QUEER-ECOLOGIES
In den kapitalistischen Kernländern wird die immanente Krisenhaftigkeit des
Kapitalismus beispielsweise im Sektor der Care-Arbeit sowie an der Verknappung
der für den propagierten Lebenswandel des Menschen als Konsumenten nötigen
natürlichen Ressourcen für immer mehr Menschen deutlich. Feministische Kämpfe
und die Überwindung der ökologischen Krise müssen zusammen gedacht werden.
Kapitalistische Gesellschaften sind patriarchale Gesellschaften: Sowohl die
Natur als auch Personen, die nichtentlohnte Care-Arbeit verrichten (insbesondere
Frauen) werden in ihnen systematisch als nur für das Kapital verwertbare
'Ressourcen' gehandelt. Es wird davon ausgegangen, dass sich Care-Arbeiten sowie
natürliche Organismen immer wieder regenerieren werden - sie also endlos der
Warenproduktion dienen können. Dementsprechend besteht ein Zusammenhang zwischen
verschiedenen Herrschaftsverhältnissen, welche die internationale Ausbeutung der
Natur legitimiert. Damit einhergehend werden Ungleichheiten zwischen arbeitenden
Menschen (insbesondere Personen, denen eine weibliche Geschlechterrolle
zugewiesen wird) aus dem "Globalen Norden" und "Globalen Süden" erhöht. Diese
Herrschaftsverhältnisse des Kapitals sind dieselben, die auch über den
Normalzustand der Heteronormativität bestimmen und ihn hegemonial machen.
Mit diesem Verständnis stellt der Ansatz der Queer Ecologies die vermeintliche
Verbundenheit von "Frau" und "Natur" in Frage: Wir gehen davon aus, dass
Geschlechtszugehörigkeit gesellschaftlich konstruiert ist – und nicht etwa
biologistischen Paradigmen folgt. Dementsprechend ist es ein Trugschluss, die
Gebärfähigkeit eines Menschen mit der Verantwortung zur gesellschaftlichen
Reproduktion gleichzusetzen. Eine biologisch bedingte "weibliche Praxis"
(unbezahlte Hausarbeit, Pflege, Kindererziehung), ist damit widerlegt.
Schlussendlich ist die Trennung zwischen "Natur" und "Kultur" demnach
machtpolitisch hergestellt. Dagegen wollen wir Campusgrüne den Raum dafür
schaffen, ein alternatives Verständnis von Produktivität diskutieren sowie die
künstliche Trennung zwischen Natur und Kultur neu verhandeln: Es sollte keine
Hierarchisierung zwischen beiden Modellen stattfinden; der menschliche,
historisch geprägte Blickwinkel ist nicht der einzige, der im internationalen
Gefüge zählt. Wir können und wollen nicht über jeden Organismus verfügen, ihn
beherrschen; sondern gehen von einer produktiven, gegenseitigen Unterstützung
aller aus.
INTERNATIONALISTISCH
Wir alle leben auf einem Planeten und dabei macht es keinen Unterschied auf
welchen Erdteil wir geboren sind. In Zeiten wachsender globaler
Herausforderungen wie dem Klimawandel, der Globalisierung, internationaler
Kooperationen und Konflikten, Interdependenzen sowie einer zunehmenden globalen
Öffentlichkeit müssen wir die engen Scheuklappen der nationalen Grenzen hinter
uns lassen und uns als eine Weltgesellschaft verstehen, die gemeinsam und
solidarisch diese Herausforderungen angeht. So anspruchsvoll die Veränderungen
einer sich globalisierenden Welt für einige auch sein mag, eine Rückkehr zur
Isolation lenkt lediglich von den Problemen ab und lässt diese nur noch größer
werden. Vielmehr sollten wir die Vielfalt und Vernetzung einer globalen
Menschheit als Chance sehen, alte Konflikte beizulegen und eine faire, freie und
fortschrittliche Weltgesellschaft zu fördern.
Eine global vernetzte akademische Gemeinschaft ist für viele Beteiligte jetzt
schon eine Selbstverständlichkeit und als Studierende profitieren wir von dieser
Offenheit und gestalten sie aktiv mit. Wissenschaft und ein solidarisches
Studium müssen dazu beitragen Grenzen und Vorurteile abzubauen. So muss sich in
Seminaren mit verschiedenen Demokratiekonzepten auseinandergesetzt werden und
sich mit Konzepten der Konfliktvorbeugung beschäftigt werden. Die Antwort auf
Konkurrenz und Krieg kann nur eine globale sein und somit ist globale
Bildungsarbeit nichts anderes als eine weitere Form der Friedensarbeit: Mit
Waffen führt man Kriege, mit Theorie und Praxis beendet man sie! Dabei ist uns
nur zu sehr bewusst, dass eine globale Gesellschaft nicht bedeuten darf, ein
europäisch-nordamerikanisches Gesellschaftsmodell auf die gesamte Welt
auszuweiten, sondern allen Menschen die Mitgestaltung dieser Gesellschaft zu
ermöglichen. Das heißt, Menschen des globalen Südens, marginalisierten Gruppen
und die ökonomisch Benachteiligten in alle Entscheidungsprozesse mit
einzubeziehen. International heißt immer solidarisch zu sein!
Als Campusgrüne wollen wir bei allen unseren Entscheidungen die globale
Bedeutung mitdenken. Wir versuchen unsere theoretischen Überlegungen und daraus
resultierenden Aktivismus zu internationalisieren. Doch auch vor Ort versuchen
wir, dafür die Hürden für Beteiligung abzubauen, diskutieren Perspektiven und
Ideen gemeinsam (egal, welcher Herkunft wir sind) und versuchen Räume zu
schaffen, damit sich Studierende eine Stimme geben können, egal welche Sprache
sie sprechen. Wir widersetzen uns jeder Form der Menschenfeindlichkeit und
treten ausschließenden Ideologien wie Rassismus, Antisemitismus und
Antiziganismus mit aller Kraft entgegen. Wir engagieren uns für Projekte im
Bereich internationaler gemeinsamer Praxis, der Friedens- und Anti-Kriegsarbeit,
der (Post)Kolonialismuskritik und der globalen Solidarität mit unterdrückten,
verfolgten und ausgebeuteten Menschen.
GEWALTFREI
Gewalt verhindert einen freien und gleichen Diskurs und ist deshalb niemals
legitimes Mittel grüner Politik.
Sobald einem Lebewesen Gewalt angetan wird, entstehen Schmerzen, entstehen Angst
und Wut und langfristig entsteht weitere Gewalt. Ob diese berechtigte Gegenwehr
ist oder eine weitere Eskalation, zu einer gemeinsamen und gerechten Lösung
führt es in keinem Fall. Stattdessen entstehen neues Leid und mehr Gewalt. Jede
Gesellschaft muss daher Wege finden Konflikte ohne Gewalt zu lösen, doch wir
sehen in der Welt, dass dies ein selten erreichtes Ideal ist. Gewalt ist nicht
nur körperlich, sondern kann auch seelisch sein oder versteckt ausgeübt werden.
Manchmal ist Gewalt den Beteiligten, weder Opfer noch Täter*innen völlig
bewusst, aber sie geschieht trotzdem. Es ist daher unser aller Aufgabe Gewalt
aufzudecken und Wege zu finden sie zu verhindern, nicht durch Vergeltung,
sondern Aufklärung. Das gilt für einen Streit unter Freund*innen bis hin zu
kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Staaten. Frieden muss in allem
Handeln oberstes Ziel sein, durch das Ansprechen der Gewalt, das Aussprechen
zwischen den Konfliktparteien und das Auflösen der Konfliktsituation.
Als Campusgrüne kämpfen wir für eine friedliche Welt, aber mit Worten und
gewaltfreier Aktion. Wir glauben, dass vor allem die Wissenschaft in der Pflicht
steht Wege friedlicher Konfliktlösung und gewaltfreien Zusammenlebens
aufzuzeigen. Aus diesem Grund lehnen wir jegliche militärische Forschung oder
kriegerische Nutzung von Forschung ab und fordern eine strenge Zivilklausel für
alle staatlichen Hochschulen. Stattdessen ist die Arbeit der Friedensforschung
und Konfliktprävention stärker zu fördern. Hochschulen sollen auch jenseits
ihrer Forschung ein gewaltfreier Ort sein, Übergriffe jeglicher Art müssen
restlos aufgeklärt und geahndet werden und das gesellschaftliche Klima sollte so
gestaltet sein, dass sich alle Beteiligten sicher und wohl fühlen können.
ZUR GESELLSCHAFTLICHEN VERANTWORTUNG VON WISSENSCHAFT
Wissenschaft soll für gesellschaftliche Emanzipation und Wohlstand sorgen,
kritisch und frei sein und gleichzeitig im Dienst der Gesellschaft stehen.
Sie kann nur für gesellschaftliche Emanzipation, Innovation und Wohlstand sorgen
und gleichzeitig kritisch und unbequem sein, wenn sie frei ist, d.h. frei von
politischen oder ökonomischen Einschränkungen. Außerdem kann Wissenschaft und
Forschung nur funktionieren, wenn sie gesellschaftlich akzeptiert und
wertgeschätzt werden. Wissenschaft sollte durch demokratische Prozesse aber auch
so gesteuert werden können, dass sie sich mit Herausforderungen wie der
Klimakrise und der Digitalisierung auseinandersetzt. Dabei ist es entscheidend,
dass sie sich den Normen einer pluralen und demokratischen Gesellschaft
verpflichtet fühlt, die gleichzeitig die Grundlage für ihre freie Entfaltung
sind.
Wissenschaftliche Auseinandersetzung ist dabei immer zugleich Produkt und
Produzent gesellschaftlicher Diskurse und Kämpfe, Themen aus dem öffentlichen
Diskurs "diffundieren" ständig in die wissenschaftliche Sphäre und umgekehrt.
Aufgrund dieser gesellschaftlich geprägten Heterogenität muss das Streiten in
der Universität der Grundsatz jeder Disziplin werden. Gegen die
Geschichtsvergessenheit und versuchte Neutralisierung muss die Wissenschaft
danach fragen, wie es zum Auftreten gesellschaftlicher Herausforderungen kommt,
in welcher Breite sie Fuß fassen und was wir gegen sie tun können. Dabei
definieren rechte, diskriminierende Positionen endgültig die Grenzen der
wissenschaftlichen Lehrbefugnis. Sie mögen legal sein – aber in Hinblick auf
eine solidarische Gesellschaft gar keinen Fall legitim!
Für uns ist die Garantie von Wissenschaftsfreiheit daher essenziell. Campusgrün
kämpft dafür, dass die Wissenschaft in allen Fachbereichen optimale
gesellschaftliche und finanzielle Bedingungen vorfindet. Sie muss
rechtsstaatlich so abgesichert sein, dass sie frei ist von politischem Druck,
d.h. der gesamte Forschungsprozess muss politisch und auch gesellschaftlich
nicht erwünscht sein. Es genügt jedoch nicht nur, wenn Wissenschaftsfreiheit
gesetzlich garantiert ist, sie kann nur existieren, wenn Forschende auch die
finanziellen Mittel und die Zeit besitzen, sich mit ihrer Disziplin
auseinanderzusetzen. Dazu braucht es eine ausreichende und verlässliche
Grundfinanzierung der Hochschulen und wissenschaftlichen Institute sowie nicht-
prekäre und familienfreundliche Beschäftigungsverhältnisse. Wettbewerb um die
Vergabe von Geldern darf eine ausreichende Grundfinanzierung nicht ersetzen.
Zugleich setzen wir uns dafür ein, dass Wissenschaft und Gesellschaft in einem
ständigen Dialog miteinander stehen. Es müssen gesellschaftliche Diskussionen
über die Folgen von Technologien und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen
hinsichtlich ihrer ethischen und ökologischen Konsequenzen stattfinden.
Wissenschaftler*innen stehen aber auch in der Pflicht, ihre Arbeit transparent
zu kommunizieren. Ihre Rolle als Akteur*in z.B. in der Politikberatung muss
offen kommuniziert und diskutiert werden. Transparenz von wissenschaftlichem
Nutzen, aber auch eigenen Interessen, Regeln und Funktionsweisen, auch von
Fehlern und Skandalen ist entscheidend, um langfristig das Vertrauen der
Gesellschaft zu gewinnen und zu erhalten.
Gesellschaft und Politik haben die Aufgabe die Voraussetzungen für freie
Wissenschaft und Forschung zu schaffen und Wissenschaftler*innen müssen sich den
demokratischen Normen und stückweise den gesellschaftlichen Forderungen an ihre
Arbeit anpassen und sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sein.
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